Faith: The Journal of the International League of Religious Socialists

DIE MACHT DAS GELDES DURCHKREUZEN
Ansprache beim Protestzug der Ordensleute für den Frieden durch das Bankenviertel anlässlich des Evangelischen Kirchentages in Frankfurt am 15. Juni 2001

Vor vielen Jahren hatte ich ein Gespräch mit einem amerikanischen Freund über die Aufrüstung, in dem er einen Satz sagte, der von zwei verschiedenen hoch verehrten Götzen unserer Welt handelte. Er nannte sie Mammon, das Geld, und Mars, den Gott des Krieges. "Mammon kills more little children than Mars". Dieser Satz vom Mammon, der mehr kleine Kinder umbringt, ist indessen immer wahrer, immer gültiger geworden. Wir leben ja in einer neuen Epoche, die in vielen Hinsichten barbarischer geworden ist als die früheren Formen des Kapitalismus. Ich war eine leidenschaftliche Gegnerin des Adenauersystems, wegen der Aufrüstung, die der Preis für das Wirtschaftswunder war, aber heute ertappe ich mich manchmal in einer gewissen Nostalgie dem "rheinischen Kapitalismus" gegenüber, wie man das damalige System freundlich nennt, es verband Kapitalinteressen mit einer sozialen Fürsorge und einer Verantwortlichkeit für die Schwächeren.

Genau das ist mit der Globalisierung von oben, dem Neoliberalismus, dem daherstürmenden Turbokapitalismus vergangen. Soziale Rücksichten sind überflüssig geworden. Die Selbstbereicherung der Reichen funktioniert am besten, wenn alles "dereguliert" wird, wie ein Lieblingswort der Weltbesitzer heißt. Alle Regeln und Einschränkungen wirtschaftlicher Art werden als Hindernis für den freien Handel angesehen und zusammengehend mit der Entmachtung des Staates oder seiner "Verschlankung", wie unser dicker Kanzler sie schon anpries, abgeschafft. Die Ökonomie wird immer totalitärer. Die wichtigste Frage im Leben ist die, ob es sich "rechnet", wenn man den Kindergarten eine Stunde länger offen lassen darf oder eine Halbtagskraft mehr im Altersheim anstellt. Geld wird gewinnbringend vermarktet, es dient nicht dazu, die Bedürfnisse der Menschen zu stillen. Warum sollte man es in die Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse sozialer, pädagogischer, ökologischer Art stecken wenn die Gewinner es doch zu mehr Geld machen können? Margret Thatcher, eine glühende Vertreterin des Neoliberalismus hat das auf eine prägnante Formel gebracht, der für alle, die zu den Gewinnern gehören, wunderbar ist. "There is no alternative." Wenn Sie die vier ersten Buchstaben dieses einfachen Satzes zusammenstellen, dann nennt man dieses Denken "das TINA-Synodrom". An dieser Krankheit leiden auch unsere Banker.

Wir, die wir hier stehen, glauben das nicht. Es gibt Alternativen. Und ich denke, der Widerstand gegen diesen neuen Totalitarismus der Ökonomie wächst weltweit. Gegner der falschen Globalisierung die sich seit Seattle, Prag, Davos, Quebec immer klarer, immer öffentlicher gezeigt haben, haben einen wunderbaren einfachen Satz geprägt, den ich in Übereinstimmung mit der jüdisch-christlichen Tradition finde. "The world is not for sale." Die Welt, die Luft, das Wasser, die Sexsklavinnen sind nicht Waren, auf denen steht "zu verkaufen." Das Leben auf dieser von Gott geliebten Erde steht nicht zum Verkauf an.

SHALOM

Grundlage des Friedens ist Gerechtigkeit. "Gnade und Treue begegnen einander, Gerechtigkeit und Friede küssen sich." (Psalm, 85,11) Das Ziel ist der Zustand, in dem Gott die Kriegswagen zerstört und der Aggression ein Ende gemacht hat.

Ohne soziale Gerechtigkeit, ohne Recht kein Frieden. Der Maßstab ist nach Aussage der Prophetinnen und Propheten das Recht der Rechtlosen, etwa der Witwen und Waisen, die keinen männlichen Fürsprecher haben. Die unterste Klasse wird zum Maßstab des Wohlergehens aller gemacht. Die am meisten entrechtet sind, am wenigsten zu sagen haben, die nicht nur kein Geld haben, sondern auch keine FürsprecherInnen, keine Beziehungen, die nicht einmal mit den Behörden umgehen können, weil sie nicht wissen, worauf sie Anspruch haben - sie sind der Maßstab, an dem gemessen wird, was eigentlich Gerechtigkeit ist. Die Ausgegrenzten, die RandsiedlerInnen, die an der untersten Sprosse der Leiter einer Gesellschaft stehen, werden "erhöht", die Hohen "erniedrigt", damit eine "ebene Bahn für Gott" entsteht (Jesaja 40,3).

Außenpolitik und Innenpolitik werden hier nicht getrennt, als ob man sich außenpolitisch unterwerfend, imperialistisch, aufrüstend verhalten und zugleich innenpolitisch Ruhe und Ordnung erhalten könne!

Gerechtigkeit und Frieden gehören so eng zusammen, wie Aufrüstung und Krieg zusammengehören. Nur zusammen mit der Gerechtigkeit entsteht Frieden im vollem Sinn des Wortes Shalom.

Biblisch gedacht ist es daher falsch zu behaupten, die Atombomben hätten uns vierzig Jahre lang den Frieden garantiert, insofern als sie in derselben Zeit den Menschen der Zweidrittelwelt das Verhungern garantiert haben. Ein auf Abschreckung und Gewalt, Terror, Elend und Drohung beruhender Friede ist antibiblisch, weil er Rüstung, nicht Gerechtigkeit zur Grundlage des Friedens macht.

CREDO

Ich glaube an Gott
Der die Welt nicht fertig geschaffen hat
Wie ein Ding, das immer so bleiben muss
Der nicht nach ewigen Gesetzen regiert
Die unabänderlich gelten
Nicht nach natürlichen Ordnungen
Von Armen und Reichen
Sachverständigen und Uninformierten
Herrschenden und Ausgelieferten.
Ich glaube an Gott
Der den Widerspruch des Lebendigen will
Und die Veränderung aller Zustände
Durch unsere Arbeit
Durch unsere Politik.

Ich glaube an Jesus Christus
Der Recht hatte als er
"Ein Einzelner der nichts machen kann"
Genau wie wir
An der Veränderung aller Zustände arbeitete
Und darüber zu Grunde ging.
An ihm messend erkenne ich
Wie unsere Intelligenz verkrüppelt
unsere Phantasie erstickt
Unsere Anstrengung vertan ist
Weil wir nicht leben wie er lebte.
Jeden Tag habe ich Angst
Dass er umsonst gestorben ist
Weil er in unseren Kirchen verscharrt ist
Weil wir seine Revolution verraten haben
In Gehorsam und Angst vor den Behörden.

Ich glaube an Jesus Christus
Der aufersteht in unser Leben
Dass wir frei werden von Vorurteilen und Anmaßung
Von Angst und Hass
Und seine Revolution weiter treiben
Auf sein Reich hin.

Ich glaube an den Geist
Der mit Jesus in die Welt gekommen ist
An die Gemeinschaft aller Völker
Und unsere Verantwortung für das
Was aus unserer Erde wird:
Ein Tal voll Jammer
Hunger und Gewalt
Oder die Stadt Gottes.
Ich glaube an den gerechten Frieden
Der herstellbar ist
An die Möglichkeit eines sinnvollen Lebens
Für alle Menschen
An die Zukunft dieser Welt Gottes. Amen.

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